Gesellschaftlicher Wendepunkt im Herbst: weg von fossil – hin zu gerecht
Rolf Meyer, Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim, Chiara Malz, Carla Hinrichs und Lina Johnsen
vor dem Bundeskanzleramt
Berlin, 08.09.2023, 11:30 – Heute hat die Pressekonferenz zu den anstehenden, dauerhaften Protesten der Letzten Generation in Berlin stattgefunden.
Am Mittwoch, den 13.9. ab 11 Uhr lädt die Letzte Generation in die Reformationskirche in Moabit ein, von wo um 13 Uhr ein Protestmarsch durch Berlin startet. Hierzu erklärte Carla Hinrichs: “Im Gepäck dabei und zum Einsatz kommen zwei interessante Utensilien, bleiben Sie gespannt. Niemand muss sie nutzen, aber jeder, der Lust hat, sie besonders intensiv zu verwenden, ist angehalten, mit Anzug und Krawatte zu erscheinen.”
Hier finden Sie die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte der Pressekonferenz.
Bei der Pressekonferenz wurden die UnterstĂĽtzer:innen der Letzten Generationen vertreten durch:
- Rolf Meyer (56), Diplom-Physiker
- Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim (65), Geologe
- Chiara Malz (32), werdende Mutter, ehrenamtlich bei einigen Klima-Projekten aktiv
- Carla Hinrichs (26), Sprecherin der Letzten Generation
Protest kann nur politisch beendet werden
Zunächst fasste Rolf Meyer die aktuelle Situation in Bayern zusammen, wo die Verantwortung für den herrschenden Konflikt gerade auf Polizei und Justiz übertragen wird. Er betonte: “Der Konflikt ist ein politischer Konflikt und die Politik muss Verantwortung übernehmen.”
Notwendiger Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis 2030 – Scholz, seien Sie ehrlich
Im Anschluss verdeutlichte Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim, wie dramatisch die Situation ist, in der wir uns befinden.
“Wir leben nicht mehr auf der Erde, die wir gekannt haben.”
Auch erklärte er, wie wir in diese Situation gekommen sind und welchen Kurs wir nun einschlagen müssen:
“Unsere Politiker*innen verweigern konsequent die Anerkennung der physikalischen Realität. Für Wissenschaftler wie mich war und ist diese Realitätsverweigerung zum Verzweifeln. Mit jeder Tonne CO2, die wir ausstoßen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Klimasystem kollabiert. Wir müssen notfallmäßig aussteigen aus den Fossilen – also aussteigen aus Erdöl, Gas und Kohle. 2045 ist viel zu spät. 2030 ist ein realistischer, gesellschaftlich möglicher Zeithorizont.”
Abschließend betonte er sehr klar: “Olaf Scholz weiß, dass wir eine umfassende Wende brauchen, aber er traut sich nicht, diese unbequeme Wahrheit auszusprechen, unpopuläre Dinge zu sagen. Olaf Scholz sagt, er hätte alles im Griff. Hier wird der Bevölkerung eine lebensgefährliche Lüge aufgetischt.”
Dann fügte er noch hinzu: “Wir werden den Protest beenden, wenn die Regierung die notwendige politische Wende einleitet, die Deutschland gerecht bis 2030 fossilfrei macht.”
Die Letzte Generation vor den Kipppunkten – das sind wir alle.
“Kein Status, kein Like, kein Geld, keine Uniform schützt mich vor dem Verdursten und ernährt meine Familie.“
Chiara Malz berichtete über ihre persönliche Motivation und über die Brücken, die die Letzte Generation mit ihrer Vernetzungsarbeit in alle Bereiche der Gesellschaft baut. Es gibt Vernetzung mit Kirchen, im Bereich Kunst und Kultur, im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft, in der Klimagerechtigkeitsbewegung, in der Politik, mit Prominenten, und ja, auch mit der Polizei.
Proteste in Berlin ab dem 13.09.
AbschlieĂźend fĂĽhrte Carla Hinrichs die notwendige Wende aus und legte dar, wie die Letzte Generation sie anstoĂźen will.
“Wir sind auf dem direkten Kurs in Richtung Klimahölle, ob die Regierung oder ein Gesellschaftsrat uns zum Bremsen bringt, darum soll es nicht gehen. Klar ist: Wir müssen diesen Kurs beenden. Das bedeutet: Ein bis 2030 fossilfreies Deutschland.”
“Wir werden Berlin nicht verlassen, bevor die politische Wende da ist: Weg von fossil, hin zu gerecht! Niemand wird übersehen können, dass wir uns jetzt aufmachen um die Stadt, hier vor der Tür der Regierung, in Bewegung zu bringen.
Wir gehen gemeinsam auf die Straße. Wir protestieren mit Ärzt:innen und Landwirt:innen, mit Pfleger:innen und Vertreter:innen der Kirche, mit Kunst- & Kulturschaffenden und Wissenschaftler:innen. Unser Protest wird direkt, laut und vielfältig.”
Auch trug sie eine Inventarliste vor, die Materiallager seien “prall gefüllt”: Rosen, Stangen für einen Hürdenlauf, Öl, Masken, Fahrräder, ein Sessel, Seile, natürlich Blaumänner, Windeln, Geldscheine, Styropor, Hühner und anderes Getier, Heu, Feuerlöscher, Eier, Tomaten, schwarze Farbe, orange Farbe, rote Farbe,weiße Farbe, Werkzeug, Unmengen an genießbaren Lebensmitteln, landwirtschaftliches Gerät, Autos, auch SUVs,Tröten, Sondermüll, Umzugskartons, 6000 Sonnenhüte – und natürlich ganz viel Kleber.
Verantwortung in der Klimakrise
Im Anschluss an die Redebeiträge startete eine kurze Fragerunde, in der vor allem Fragen zu gesellschaftlicher Akzeptanz der Protestform und weiteren Details zum Protest aufkamen. Nach einigen Minuten unterbrach Prof. Dr. Froitzheim die Runde und stellte noch einmal frustriert klar, um was es eigentlich geht. Die enorme Gefahr, in der wir schweben, die unvergleichliche Dringlichkeit und die Verantwortung, die das für uns alle mit sich bringt.
Zuletzt appellierte Sprecherin Lina Johnsen, die die Pressekonferenz moderierte, an die anwesenden Pressevertreter:innen: “Ihre Aufgabe, ihre Pflicht ist es, diese Realität, diese Ehrlichkeit in den Diskurs zu bringen und die Regierung nicht mit Unehrlichkeit durchkommen zu lassen, sonst funktioniert es nicht mit einem demokratischen Diskurs.”