„Keinen Widerstand zu leisten, ist die schlechtere Alternative!”

Hallo ihr da draußen,

ich sitze gerade in meiner Zelle in der JVA- Stadelheim.

Die Sonne scheint durchs Fenster und im Baum auf dem Hof sitzt eine Amsel.

Eigentlich ist es ganz schön hier… Wären da nicht die Gitterstäbe vor den Fenstern und die abgeschlossene Tür, durch die ich die Zelle nur einmal am Tag, für eine Stunde, für den Hofgang verlassen darf. Hier habe ich bereits 30 Tage verbracht und hier verbringe ich jetzt erneut 14 Tage. Wenn mir das jemand vor einiger Zeit erzählt hätte, hätte ich vermutlich ungläubig gelacht, ohne mir vorstellen zu können, was mich jemals dazu bringen sollte, etwas zu tun, das mich ins Gefängnis bringt.

Inzwischen ist es für mich ganz normal geworden, fast täglich, mit der Polizei zu tun zu haben, in tristen Einzelzellen zu sitzen  und einen ganzen Ordner voller Strafbefehle, Bußgeldbescheide und einen Anhörungsbogen zu Hause liegen zu haben.

Miriam Meyer | Foto: (c) Marlene Charlotte Limburg
Miriam Meyer
Foto: (c) Marlene Charlotte Limburg

Wie bin ich hier nur gelandet?

Hilflosigkeit und ein Plan, der funktionieren könnte, viel Verzweiflung und ein bisschen Hoffnung, eine orangene Warnweste und ein paar Tuben Sekundenkleber.

Wenn ich selbst gerade nicht hier wäre, würde ich wahrscheinlich die Berichterstattung verfolgen und den Mut dieser Menschen bewundern, die für unser aller Zukunft, 30 und mehr Tage Gefängnis auf sich nehmen.

Manchmal verstehe ich selbst nicht ganz, warum ausgerechnet ich diese Risiken eingehe. Ich bin einfach nicht gut im Verdrängen. Ohne Verdrängen sind Prognosen wie „Wir setzen unsere Kinder in einen globalen Schulbus, der mit 98%-iger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt“ nur schwer zu ertragen. Zu realisieren, wie düster unsere Aussichten gerade sind, hat in mir vor allem Verzweiflung und Hilflosigkeit hervorgerufen. Ich wollte etwas tun, aber ich wusste nicht was. Weder bei Fridays for Future mitzulaufen noch einen weiteren Job bei irgendeiner Umweltorganisation anzufangen, erschien mir sonderlich vielversprechend; nicht in Angesicht der Katastrophe, die auf uns zurollt und die wir weiter befeuern.

Zum Glück gibt es Andere, Menschen die Ahnung von zivilem Widerstand, eine Strategie und einen Plan haben, denen ich mich anschließen konnte. Ich weiß nicht, ob dieser Plan funktionieren wird, aber wir haben nichts zu verlieren.

Bundeskanzler Scholz erzählt gerade auf der Klima-Konferenz, was Deutschland alles für das Klima tut und baut zeitgleich neue fossile Infrastruktur auf.

Keinen Widerstand zu leisten, ist die schlechtere Alternative!

Zugegeben, ich bin nicht sehr optimistisch, dass wir das als Menschheit noch schaffen, gerade wenn ich Meldungen wie: „Wenn Pakistan überflutet ist und der Präsident von Palau sagt, wir könnten ihre Inseln auch genauso gut bombardieren“, höre. Allerdings hätte ich auch nicht gedacht, dass wir durch Autobahn-Blockaden länger als eine Woche Aufmerksamkeit bekommen und nun sehe ich uns in der JVA überall im Fernsehen.

Ich wünsche mir von der Gesellschaft, dass wir an uns ranlassen, was die Klimakrise ganz konkret für unser Leben und das der gesamten Menschheit bedeutet. Ich weiß, dass das schwierig und beängstigend ist, aber Verdrängung und die Hoffnung, andere würden das für uns regeln, haben uns an diesen katastrophalen Punkt gebracht. Wenn wir uns wirklich der Lage bewusst machen, können wir entweder verzweifelt aufgeben oder HANDELN. Und wir brauchen Menschen, die handeln!

Der UN-Generalsekretär sagt: „ Wir haben eine Wahl: kollektive Handlung oder kollektiver Selbstmord!“ Mit HANDLUNG meint er gewiss nicht, Bambus-Zahnbürsten kaufen und ab und zu mal das Rad zu nutzen. Wir leben in einer Demokratie und wenn die Regierung unsere Lebensgrundlagen nicht schützt, ist ziviler Widerstand ein legitimes und vor allem notwendiges demokratisches Werkzeug.

Im Moment sind wir ein Haufen von zusammengewürfelten Menschen, die als Klima-Chaoten abgetan werden. Was aber, wenn noch mehr Wissenschaftler wie die Menschen von ScientistRebellion sich dem Widerstand anschließen?

Bei der Besetzung der Uni Hamburg hat uns der Uni-Präsident gesagt, es sei nicht die Aufgabe der Universität, sich in die Politik einzumischen. Das könnte ich nachvollziehen, wenn die Politiker ihren Job machen würden, aber sie verspielen unser aller Zukunft!

Wieso lassen wir das zu?! Es ist eine akute Gefahr für uns alle.

Wir haben nichts zu verlieren – zumindest nichts, was uns in einer Hunger- oder Flutkatastrophe oder einem Krieg von Nutzen wäre.

Lasst uns mit allen Wissenschaftler*innen, Uni-Präsident*innen, Kirchenvorsteher*innen, Richter*innen und allen wichtigen Entscheidungsträgern gemeinsam Widerstand leisten.

Bis die Politiker gar nicht anders können, als das zu tun, was sie eigentlich von sich aus selbstverständlich tun sollten.

 

Viele Grüße aus Zelle 105

Miriam

Pressekontakt
Carla Hinrichs
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