Letzte Generation setzt auf innovative Strategie, um sich bei der Bundesregierung Gehör zu verschaffen
Protestierende der Letzten Generation in Freiburg mit einem Traktor aus Pappe
(c) Letzte Generation, Weitere Bilder finden Sie hier
10.01.2024, 14:10 Uhr – In verschiedenen Städten protestieren heute Unterstützer:innen der Letzten Generation gegen die ungenügende und sozial ungerechte Klimapolitik der Bundesregierung. In München, Passau, Freiburg und Leipzig kam es heute bereits zu Protesten, weitere Städte im ganzen Land werden heute noch folgen.
Mit dabei: Traktoren, als ausgedruckte Bilder oder gemalt auf Plakaten, in Form von maßstabsgetreuen Modellen oder als Kinderspielzeug. Auf mitgeführten Plakaten steht unter anderem “Wir dürfen das! Wir haben einen Traktor!” und “Hört auf uns, wir haben Traktoren!”
Lina Johnsen (25), Sprecherin der Letzten Generation, beteiligte sich heute am Protest in Leipzig ab 9 Uhr. Sie erklärt die neue Strategie:
“Wir fragen uns, warum unsere Regierung den Protesten der Bauern so viel offener gegenübersteht, als denen der Klimagerechtigkeitsbewegung? Für den Fall, dass die Regierung einfach Traktoren lieber mag als Warnwesten, haben wir uns auch Traktoren besorgt. Wir sind schon ganz gespannt, ob jetzt auch bald Gesprächsangebote der Politik bei uns eintreffen werden.”
Weiter sagt sie: “Die Proteste der Bäuer:innen zeigen: Man kann sich durch Straßenblockaden und Demonstrationen mit massiven Verkehrsbeeinträchtigungen ungemein schnell und effektiv Gehör bei der Bundesregierung verschaffen. Nichtsdestotrotz wurden die Bäuerinnen und Bauern von der Politik respektvoll behandelt, anstatt als Terroristen, Verbrecher und Chaoten beschimpft zu werden. Die Website des Bauernverbandes wurde nicht beschlagnahmt, es wurde niemand in Präventivhaft genommen und der Verbandspräsident Joachim Rukwied muss sich vermutlich auch nicht vor einer Hausdurchsuchung fürchten. Es ist der Bundesregierung also doch möglich, konstruktiv mit Protesten aus der Bevölkerung umzugehen.”
Die Letzte Generation ruft gemeinsam mit Wissenschaftler:innen von Scientist Rebellion und den Eltern gegen die Fossilindustrie zu einer Massenbesetzung auf dem Ku’damm in Berlin für Samstag, den 03. Februar auf. Die Forderung: der sozial gerechte Ausstieg aus den fossilen Energien bis 2030.
Joel Schmitt (24), der sich aktuell am Protest in Freiburg beteiligt, erklärt: “Die Klimakatastrophe führt schon heute zu Dürren, Fluten, Flucht und Toten. Mit jeder weiteren Tonne CO2, die wir ausstoßen, steigt die Gefahr, dass das Klimasystem weiter kollabiert. Deshalb müssen wir sofort alle Emissionen, die nicht unbedingt notwendig sind, runterfahren und spätestens bis 2030 den Ausstieg aus Öl, Gas & Kohle geschafft haben. Dafür brauchen wir eine sozial gerechte politische Wende!”
Zu den Protesten der Landwirt:innen erklärt die Letzte Generation:
Friedlicher Protest ist fester Bestandteil unserer Demokratie. Gewaltandrohungen und -ausübung, wie das Auflauern und Bedrohen von Politiker:innen, das Aufknüpfen von Parteisymbolen an Galgen, sowie rassistische Reden und Parolen verurteilen wir. Die Bauernverbände stehen in der Verantwortung, ihre Proteste gegen Rechtsextreme klar abzugrenzen und keine gemeinsame Sache mit ihnen zu machen.
Landwirt:innen verrichten – ebenso wie zahlreiche andere Berufsgruppen – eine für die Gesellschaft extrem wichtige Aufgabe, für die sie zu wenig Anerkennung bekommen. Die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte bietet viel Angriffsfläche für berechtigte Kritik. Wir verstehen den Frust der Landwirt*innen darüber, dass nun in der Haushaltskrise gerade beim Landwirtschaftssektor mit dem Sparen begonnen werden soll und können ihren Protest mit Traktoren auf der Straße nachvollziehen.
Unser Vorschlag an die Ampel-Regierung: Wenn ihr Geld braucht, dann streicht das Dienstwagenprivileg! Die Vergünstigung für neue Autos für Besserverdiener ist ein Unding! Wenn wir diese so besteuern, wie es Nachbarländern machen, nehmen wir bis zu 5,5 Milliarden pro Jahr mehr ein. [1] Dann müssen wir nicht im Landwirtschaftssektor sparen, sondern können dort die Subventionen so umgestalten, dass sie die notwendige ökologische Transformation in der Landwirtschaft voranbringen, ohne dass der Kostendruck auf kleine Betriebe steigt.
Die Subventionen im Landwirtschaftssektor müssen gerecht und ökologisch umgestaltet werden, so dass das Höfesterben aufhört. Für den sozial-gerechten ökologischen Umbau der Landwirtschaft werden wir am 20. Januar bei der Wir haben es satt!-Demo mit Landwirt:innen gemeinsam protestieren.
[1] foes.de/publikationen/2023/2023-06_FOES_Subventionssteckbrief-Dienstwagenprivileg.pdf
Erklärung Dienstwagenprivileg: Dienstwagen müssen nur mit 1% des Kaufpreises versteuert werden. Da der Wertverlust bei den – meistens neuen – Dienstwagen aber deutlich höher ist, müssten deutlich mehr als 1% des Kaufpreises veranschlagt werden.