Pressefreiheit, Protest und Demokratie

– Einordnung zum Beginn der COP28 –

Einen Tag vor Beginn der 28. Weltklimakonferenz in Dubai wird ein Beschluss des Amtsgerichts München öffentlich: friedlicher Protest gegen das Regierungsversagen in der Klimakatastrophe rechtfertigt das Abhören von Telefonaten mit Journalist:innen und damit einen enormen Einschnitt in die Pressefreiheit.

Mehrere betroffene Journalist:innen hatten gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Reporter ohne Grenzen Beschwerde eingelegt, nachdem der Abhörskandal öffentlich geworden war. In erster Instanz wurden diese nun vom selben Gericht, das die Maßnahme ursprünglich genehmigt hatte, zurückgewiesen. 

Die Einschränkung der Pressefreiheit, das Hinterfragen und Beschneiden des demokratischen Rechts auf Protest, das Ausreizen oder sogar Überschreiten juristischer Grenzen:
All das bestärkt uns, weil es zeigt, dass wir erfolgreich und unignorierbar den Finger in die Wunde legen, das Versagen der Regierung in der Klimakatastrophe immer wieder in die öffentliche Debatte bringen und politischen sowie gesellschaftlichen Druck erzeugen.

Zeitgleich bestürzt und empört uns die Überreaktion des Münchener Amtsgerichts. Das Vorgehen erzeugt Verunsicherung und dient nicht zuletzt der Einschüchterung, die sich auf die Klimagerechtigkeitsbewegung als Ganzes überträgt und Menschen dadurch in ihren Grundrechten und ihrer politischen Teilhabe stark einschränkt. Wir sehen hier unsere Demokratie beschädigt.

All das zu einem Zeitpunkt, zu dem zivilgesellschaftliches Engagement wichtiger ist denn je. Auf der COP28, die heute offiziell startet, muss de facto der endgültige Ausstieg aller Staaten aus fossilen Brennstoffen beschlossen werden, um den völkerrechtlich bindenden Zielen von Paris auch nur im Ansatz gerecht zu werden.

Die Bedingungen dafür sind miserabel. Nicht nur sind erneut zahlreiche Lobbyist:innen für Öl, Gas und Kohle vertreten. Der Gastgeber selbst, Sultan Ahmed al-Dschaber, ist amtierender Geschäftsführer der Abu Dhabi National Oil Company, des zwölftgrößten Ölkonzerns der Welt. Schon vor Beginn der Konferenz häufen sich Anzeichen dafür, dass er die COP als Lobby Event für die Fossilindustrie nutzen will. [1]

Jedes Jahr aufs Neue wird die Hoffnung in das internationale Gremium, das breit gefächerte wissenschaftliche Expertise, politische Entscheidungsmacht und finanzielle Mittel an einem Ort versammelt, krachend enttäuscht.

Mit Hoffnung allein ist es längst nicht mehr getan, denn: “Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide.” 

Es braucht entschlossenen Protest, wachsenden Druck aus der Bevölkerung: weltweit, friedlich, störend, unignorierbar. Der Versuch, den Protest zu delegitimieren und zu kriminalisieren war und ist vorhersehbar.

Ob unsere Demokratie der Belastungsprobe durch das krampfhafte Festhalten von Politik und Justiz am Status-Quo in der eskalierenden Klimakatastrophe standhält, wird sich zeigen. Wir werden uns weiterhin für unsere Demokratie und eine sichere, lebenswerte Zukunft für alle einsetzen. Wir appellieren an die politischen Verantwortungsträger:innen, es uns gleich zu tun.

[1] „Bock zum Gärtner gemacht“: Chef der Klimakonferenz nutzte Treffen für Öl-Deals – n-tv.de