Neue Spendenkampagne gestartet

– Letzte Generation wehrt sich gegen Angriff auf die Demokratie –

Berlin, 23.05.2024, 09.55 Uhr – AnlĂ€sslich der Anklage wegen des Verdachts auf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ durch die Staatsanwaltschaft Neuruppin wurde am Mittwochabend eine Spendenkampagne gestartet. Die gesammelten Gelder sollen die FortfĂŒhrung des zivilgesellschaftlichen Engagements der Letzten Generation sowie die juristische UnterstĂŒtzung der Angeklagten ermöglichen. 

„Als ich die Anklage gelesen habe, dachte ich nur: Was zum Teufel?! Wie kann eine Staatsanwaltschaft so eine zerstörerische ethische Haltung haben, die so gegensĂ€tzlich ist zum Rest der Gesellschaft? Wir sind die Boten des Unheils, und dafĂŒr werden wir an den Pranger gestellt? Ja sollen dafĂŒr sogar ins GefĂ€ngnis?“

Das sagt Mirjam Herrmann. Die 26-JĂ€hrige ist eine von fĂŒnf Personen, die sich mit der Letzten Generation fĂŒr den Erhalt unserer Lebensgrundlagen eingesetzt haben und nun angeklagt sind. Die Jurastudentin hat lange Zeit ein normales Leben gefĂŒhrt, bis das Wissen um die Klimakatastrophe fĂŒr sie alles verĂ€ndert hat. Doch sie hat den Kopf nicht in den Sand gesteckt, sondern sich bewusst gegen den zerstörerischen Kurs einer Regierung gestellt, die ihre eigenen Gesetze bricht und ihre Bevölkerung wissentlich in Gefahr bringt. Mirjam ist jung und wird viele Auswirkungen der Klimakatastrophe am eigenen Leib erfahren. Und wĂ€re dieser Schicksalsschlag nicht genug, ist sie nun auch Angeklagte wegen des Verdachts auf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr bis zu fĂŒnf Jahre Haft.

Das Gleiche droht Edmund Schultz (60). Der ehemalige Betreiber eines Fahrradkurierdiensts sagt ĂŒber sein Engagement: „Uns vor der Klimakatastrophe zu schĂŒtzen ist und bleibt gesetzlich und ethisch die Aufgabe unserer Regierung – es herrschen Verfassungsrang und völkerrechtliche Verpflichtung. Da sie sich dieser Aufgabe jedoch verweigert, gebietet es mir mein Gewissen, etwas dagegen zu tun. Trotz Warnungen der Wissenschaft, der Vereinten Nationen und anderen steigen Jahr um Jahr die Temperatur unserer Welt und tĂ€glich die Zahl der Klimatoten. Auch ich habe das ganz konkret erlebt: meinen gefluteten Keller und 40 Millionen Euro Sachschaden durch Starkregen in meinem Wohnort Braunschweig.“

Fassungslos ist Schultz ĂŒber die Anklage: „Wenn der friedliche Einsatz fĂŒr das Gemeinwohl als kriminell angesehen wird, begibt sich unsere Gesellschaft auf gefĂ€hrliches Terrain. Es darf nicht sein, dass diejenigen, die sich fĂŒr unsere Zukunft und die unserer Kinder stark machen, mit Haftstrafen bedroht werden.“

In einer Zeit, in der demokratischer Protest unerlĂ€sslich ist, um unsere Demokratie zu erhalten, stehen die fĂŒnf Angeklagten stellvertretend fĂŒr viele, die nicht den Mut besitzen, ihren Platz einzunehmen.

Wir alle schĂ€tzen die Freiheit, in einer demokratischen Gesellschaft zu leben, in der jede:r seine Stimme erheben kann. Und wir alle schĂ€tzen die Errungenschaften, die erst durch Protest erreicht wurden, etwa das Frauenwahlrecht, Arbeitsschutzgesetze oder die Absetzung von Despoten.Doch wenn jene, die sich friedlich und engagiert fĂŒr den Klimaschutz einsetzen, kriminalisiert werden, steht gerade der demokratische Akt des Protestierens auf dem Spiel. 

Nicht nur die Angeklagten selbst, auch namhafte Organisationen wie Amnesty International reagierten empört auf die vorangegangenen Ermittlungen.

Dr. med. Susanne Ruff-Dietrich bringt es in ihrer Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft Neuruppin auf den Punkt: „Als FachĂ€rztin fĂŒr Allgemeinmedizin kann ich nur fassungslos mitansehen, wie untĂ€tig die politisch Verantwortlichen einer Katastrophe ins Auge sehen, die alle seriösen Klimawissenschaftler weltweit auf die Erde zukommen sehen, und zwar noch innerhalb der Lebenszeit junger Erwachsener von heute. Dass diese nun wegen ihrer vergleichsweise harmlosen Protestaktionen kriminalisiert werden sollen, obwohl sie keinen Schaden anrichten, sondern die Menschheit aufrĂŒtteln wollen, ist unverstĂ€ndlich und spottet unserer demokratischen Verfassung.“

Der Autor und Podcaster Friedemann Karig zitiert in seinem kĂŒrzlich erschienenen Buch Was ihr wollt – wie Protest wirklich wirkt JĂŒrgen Habermas: „Der Rechtsstaat mĂŒsse ein ‚Mißtrauen gegen sich selbst‘ in Form ‚moralisch begrĂŒndeter Experimente‘ zulassen, um fĂŒr Korrekturen offen zu bleiben, auch wenn sie zuerst irritierend erscheinen.“

Der frĂŒhere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) betrachtet die Anklage von UnterstĂŒtze:innen der Letzten Generation laut der SĂŒddeutschen Zeitung „mit großer Sorge“.

Kommt es tatsĂ€chlich zum Prozess, wĂ€re dies fĂŒr die gesamte Bewegung katastrophal: Ob Kaffee kochen beim Gemeinschaftstreffen, Flyer verteilen fĂŒr VortrĂ€ge oder Grafikdesign fĂŒr die Website – die Ermittlungen schaffen bereits jetzt eine bedrohliche AtmosphĂ€re, die die Zivilbevölkerung von ihrem gesellschaftlichen Engagement abbringen kann. Die Anklage ist zudem ein Dammbruch, der etwaigen Ermittlungen gegen weitere Gruppen, die sich fĂŒr Gerechtigkeit und Demokratie einsetzen, TĂŒr und Tor öffnet.

Um Mirjam, Edmund und die drei weiteren Angeklagten in ihrem Kampf zu unterstĂŒtzen, ist die Letzte Generation auf Spenden angewiesen. Umso mehr, als wir die Anklage als einen Angriff auf die Zivilgesellschaft und die Demokratie selbst begreifen und unser GegenĂŒber niemand Geringeres als die Bundesregierung ist. Über Nacht wurden bereits 734 Euro erreicht. Die Spendenkampagne lĂ€uft noch bis zum 5. Juni. 

Lina Johnsen (26), Sprecherin der Letzten Generation und Spitzenkandidatin bei den Europawahlen, zur aktuellen Spendenaktion: „Manchmal sind es die kleinen Taten, die die grĂ¶ĂŸte Wirkung erzielen. Die eine klare Botschaft an die Verantwortlichen senden und zeigen, dass viele Menschen bereit sind, fĂŒr das Gemeinwohl einzustehen. Die einen Unterschied machen. Jede Stimme zĂ€hlt, jeder Schritt in diese Richtung stĂ€rkt unsere gemeinsame Sache.“

Es gibt viele Wege, SolidaritĂ€t und Engagement zu demonstrieren. BĂŒrger:innen können beispielsweise eine Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin einreichen und ihr Umfeld davon wissen lassen. FĂŒr alle, die lieber im Hintergrund unterstĂŒtzen: Jede Spende – ob klein oder groß – trĂ€gt dazu bei, dass unsere Stimme gehört wird und der demokratische Protest weitergeht. Gemeinsam können wir zeigen, dass eine breite Zivilgesellschaft hinter denen steht, die sich fĂŒr unsere Lebensgrundlagen einsetzen.

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