Kritik am Bürger:innenrat “Ernährung im Wandel”

Fragestellung und Rahmenbedingungen werden
aktueller Notlage nicht gerecht

Straßenblockade am 29.9. mit Schildern: „Gesellschaftsrat statt Bürgerrat“ –
(c) Letzte Generation

Berlin, 29.9.2023, 8:40 – Heute beginnt der vom Bundestag eingesetzte Bürger:innenrat zum Thema “Ernährung im Wandel”. 160 geloste Menschen sollen Maßnahmen dazu erarbeiten, wie wir uns zukünftig ernähren sollten, wo der Staat etwas zu sagen hat und wo nicht. Zeitgleich versammeln sich Unterstützer:innen der Letzten Generation erneut auf den Straßen der Hauptstadt und stellen klar: Fragestellung und Rahmenbedingungen des Bürger:innenrats werden der aktuellen Notlage nicht gerecht – Wir brauchen einen Gesellschaftsrat, der zu der Frage tagt, wie wir die Nutzung fossiler Rohstoffe bis spätestens 2030 beenden.

Ein Rat mit gelosten Bürger:innen könnte ein Fortschritt für unsere Demokratie sein und uns aus der Krise führen. Die aktuelle Fragestellung ist jedoch zu kleinteilig: Das wichtigste Thema unserer Zeit, die Klimakatastrophe, kommt nicht auf den Tisch. 

Sprecherin Marion Fabian fragt: “Wir sind dabei gefährliche Klima-Kipppunkte zu überschreiten, und jetzt soll erstmal nur das Thema Ernährung angegangen werden? Was wir brauchen, ist ein schnellstmöglicher Ausstieg aus den Fossilen, eine umfassende Wende. Die Regierung ist hier planlos. Die Themensetzung, die wir jetzt brauchen, lautet: Wie steigen wir sozial gerecht bis 2030 aus Kohle, Öl und Gas aus?”

Doch nicht nur die Fragestellung ist kritikwürdig. Bei dem vom Bundestag eingesetzten Bürger:innenrat zur Ernährung im Wandel ist nach Übergabe der Empfehlungen an den Bundestag keine Stellungnahme des Bundestags vorgesehen. Es ist also ungewiss, inwieweit der Bürger:innenrat irgendeinen Einfluss auf politische Entscheidungen haben wird. Geplant sind lediglich die Vorlage der Ergebnisse in Form eines Bürgergutachtens bis zum 29. Februar 2024 und eine Plenardebatte dazu im Anschluss sowie eine Diskussion in den zuständigen Ausschüssen. 

Simon Lachner, Sprecher der Letzten Generation, will wissen: “Wie kann es sein, dass nicht geklärt ist, ob die zufällig ausgelosten Bürger:innen erfahren, was mit ihren über Monate erarbeiteten Empfehlungen passiert? Ist uns der Bundestag nicht mal eine Stellungnahme schuldig? Ist das mit Mitbestimmung gemeint? Es wird hinter verschlossenen Türen diskutiert, aber nicht öffentlich rückgemeldet, was dann passiert? Im schlimmsten Fall kommt es so zu Scheinbeteiligung und das Vertrauen in unsere Demokratie sinkt.” 

Auch die Erfahrung zeigt: Empfehlungen vergangener Bürger:innenräte sind allzu oft sang-und klanglos in den Schubladen der Politiker:innen und Ministerien verschwunden, wie beispielsweise beim bundesweiten Bürger:innenrat zu “Deutschlands Rolle in der Welt” von 2020/21. [1]

Gesellschaftsrat statt Bürger:innenrat

Die Letzte Generation bleibt bei ihrer Forderung nach einem Gesellschaftsrat, der über die Praxis der Bürger:innenräte hinausgeht: Die Regierung soll öffentlich zusagen, die in einem  Gesellschaftsrat erarbeiteten Maßnahmen als Gesetzesvorhaben in das Parlament einzubringen. Zudem soll sich der Gesellschaftsrat mit der Frage befassen, wie Deutschland die Nutzung fossiler Rohstoffe bis 2030 sozial gerecht beendet. Es nicht hinnehmbar, dass inmitten eskalierender Dürren in Südeuropa und mehr als 10.000 Toten nach den Unwettern in Libyen nicht die existenzbedrohende Klimakatastrophe zum Thema wird.

Mehr Infos zum Gesellschaftsrat gibt es hier: Gesellschaftsrat ? – Letzte Generation 🧡

[1] Bürgerrat Deutschlands Rolle: Bürgerrat Deutschlands Rolle in der Welt (buergerrat.de)