Deutschland EU-Spitzenreiter im repressiven Vorgehen gegen Klima-Aktivismus
Repressives Vorgehen der Polizei
bei einem Protestmarsch der Letzen Generation im September 2023.Â
(c) Letzte Generation.Weitere Bilder finden Sie hier.
Die internationale Menschenrechtsorganisation Civicus hat gestern einen Bericht veröffentlicht, der die Bedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement weltweit bewertet. Nachdem Deutschlands Freiheitsrechte jahrelang als “offen” beurteilt worden waren, stufte die Organisation den Status nun auf “eingeengt” herab. Konkret bedeute dies, dass Deutschlands Regierung die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ihrer Bürger nicht vollständig schütze.[1]
Betont wird im Bericht vor allem das Vorgehen der Behörden gegen die Letzte Generation: “In diesem Jahr dokumentierten die Analysten des CIVICUS Monitor, wie deutsche Behörden Klimaproteste auflösten und unverhältnismäßig gegen die Klimabewegung „Letzte Generation“ vorgingen. Sicherheitskräfte führten Hausdurchsuchungen durch, beschlagnahmten Bankkonten und blockierten Websites als Reaktion auf den gewaltlosen zivilen Ungehorsam der Gruppe. Sie überwachten auch Telefone, E-Mails und Sprachnachrichten.”
Das kritisierte Vorgehen begründen deutsche Gerichte durch den Verdacht, bei der Letzten Generation handle es sich um eine kriminelle Vereinigung. Noch in diesem Jahr soll in diesem Zusammenhang Anklage gegen fünf Einzelpersonen erhoben werden. Zum Einsatz kommt hier der Paragraph 129 StGB, der eigentlich der Bekämpfung organisierter Kriminalität dienen soll. Statt der Bezeichnung “Mafia-Paragraph” gerecht zu werden, kommt er nun erstmals im “Kampf” gegen die deutsche Klimagerechtigkeitsbewegung zum Einsatz.
Deutschland stehe aktuell an der Spitze des EU-weiten Vorgehens gegen Klima-Aktivismus, erklärt Tara Petrović, die die Daten für Europa und Zentralasien für den Civicus-Bereicht mit ausgewertet hat. Die Herabstufung Deutschlands bezeichnet sie als einen “Weckruf” für Deutschland und Europa, den Kurs zu ändern.
Bereits im September hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine digitale Weltkarte zum Recht auf Versammlungsfreiheit und zur Einschränkung von Protesten weltweit veröffentlicht und Deutschland in diesem Jahr erstmals zu den Ländern gerechnet, in denen Protest unterdrückt wird. [2]
Anlässlich der Klimakonferenz in Dubai hat am 1.12. auch Green Legal Impact (GLI) mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) und dem Meacenata Institut einen Bericht veröffentlicht, der auf “bedenklichen Entwicklungen“ hinsichtlich der Reduzierung der demokratischen Freiräume für Klimaaktivist:innen aufmerksam machen soll. Betont wird, demokratische Räume, Teilhaberechte und grundrechtlich geschützte Freiheiten würden durch Maßnahmen wie Versammlungsverbote, Polizeigewahrsam, oder die Strafverfolgung wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung auf vielfältige Weise beschnitten. [3]
GLI-Vorstandsmitglied Dr. Roda Verheyen übt hieran deutliche Kritik: „Solange die Regierung durch ihre unzureichende Klimapolitik die Zukunft der jungen Generation aufs Spiel setzt, ist es deren gutes Recht, vehement für die Einhaltung der verfassungs- und völkerrechtlichen Pflichten zu protestieren.”
Im Vorwort des Berichts kommt Michael Forst, UN-Sonderberichterstatter für den Schutz von Umweltschützern, zu Wort. Er mahnt: „Ich bin zutiefst besorgt, eine derartige Erosion des zivilgesellschaftlichen Raums und Bedrohungen gegen Umweltschützer in Europa und auch in Deutschland, mitzuerleben“
Weiter fĂĽhrt er aus: “Ich glaube, was die Regierungen beunruhigt, was sie dazu veranlasst, Klimabewegungen wie in Deutschland als kriminelle Organisationen einzustufen, ist nicht so sehr die vermeintliche Illegalität ihrer Aktivitäten […] sondern die Reichweite ihrer Stimme. Es ist die Tatsache, dass sie hörbar sind, gehört und beachtet werden.”
Er betont aber auch: „Versuche, die Stimme von Umweltaktivist:innen durch die Einschränkung von Grundrechten und zivilgesellschaftlichen Räumen zu ersticken, werden die Dringlichkeit zu handeln nicht mindern. Die einzig angemessene Reaktion der Behörden, Medien und Öffentlichkeit auf den friedlichen zivilen Ungehorsam ist, zu erkennen, wie entscheidend es für uns alle ist, zuzuhören, was die Umweltschützer:innen uns zu sagen haben.“
Letzte Generation-Sprecherin Carla Hinrichs erklärt: “Die Art und Weise, in der verschiedenen Institutionen angesichts der Klimakatastrophe aktuell politisch versagen und zeitgleich Angst vor friedlichem Widerstand schüren, sägt dramatisch an den Säulen unserer Demokratie. Es bestärkt uns weiter darin, uns nicht einschüchtern zu lassen und für unser aller Rechte einzustehen.”