Offener Brief an den Präsidenten der Universität Hamburg

Hamburg, 24.05.2022 – Sehr geehrter Herr Präsident der Universität Hamburg Prof. Hauke Heekeren,

wir jetzt Lebenden sind die erste Generation, die die Folgen der klimaökologischen Krise spürt und die letzte Generation, die noch in der Lage ist, den völligen Kollaps unserer Lebensgrundlagen abzuwenden. Daraus folgt die Verantwortung, dass wir uns jetzt gemeinsam dem vernichtenden fossilen Weiter-so unserer Bundesregierung entgegenstellen, deren Aufgabe es ist, die Menschen in Deutschland und diejenigen darüber hinaus zu schützen.

Im Klimanotfall, in dem wir uns als Menschheit befinden, wenden wir uns an Sie und die Universität Hamburg – in der Hoffnung, dass Sie diese Verantwortung auch wahrnehmen. Wir sind überzeugt – nur wenn wir alle zusammenarbeiten, können wir unseren Kindern noch eine Zukunft gewähren, darüber hinaus eine lebenswerte. Wir bitten Sie, als Präsident und Vertreter der Universität Hamburg, jetzt so zu handeln, als würde unser aller Leben davon abhängen. Denn das tut es.

Wir befinden uns klimatisch im Worst-Case-Szenario. Wir steuern auf eine mindestens 2 Grad heißere Erde zu. Beim aktuellen Kurs ist eine Erhitzung von 3 bis 4 Grad äußerst wahrscheinlich. Mehr als eine Milliarde Menschen werden dann unter klimatischen Bedingungen leben, die wir heute nur aus Regionen wie der Sahara kennen. Waldbrände, Flutkatastrophen und Dürren, wie der globale Süden sie jetzt schon erlebt, werden Kriege und unbeschreibliche menschliche Katastrophen zur Folge haben.

Wir, Studierende und Alumni der Universität Hamburg, stellen mit großer Besorgnis fest, dass die Bundesregierung im Jahr 2022 trotz allem fossile Infrastruktur weiter ausbaut, statt die notwendige Transformation einzuleiten. In dem Wissen um die katastrophalen Folgen der Erderhitzung, die über Wasser- und Nahrungsmittelknappheit schließlich sogar zum Kollaps unserer Zivilisation führen könnten, die Nutzung fossiler Brennstoffe weiter auszubauen, das ist Wahnsinn – fossiler Wahnsinn.

Unser stellvertretender Bundeskanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, ermöglicht zurzeit, in dem wohlmeinenden Vorhaben von russischem Öl und Gas unabhängig zu werden, den Bau neuer LNG-Terminals und zieht darüber hinaus auch vermehrte Öl-Bohrungen in der Nordsee wieder in Betracht. Wir begrüßen die Bemühungen schnellstmöglicher Energieunabhängigkeit von Russland und beobachten gleichzeitig mit Besorgnis, dass – in dem kleinen Zeitfenster, dass uns noch bleibt, um das Schicksal der Menschheit zu entscheiden – eine Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht geplant zu sein scheint.

Aus diesem Grund blockieren wir von der Letzten Generation derzeit jeden Montag große Straßen und Autobahnen in Deutschland und aus diesem Grund drehten wir kürzlich über dreißig Mal Öl-Pipelines an ihren Notfall-Ventilen zu: Wir fordern von Robert Habeck, dass er sich für unser Leben statt für neue Nordsee-Ölbohrungen entscheidet, denn beides geht nicht. Er soll dies öffentlich erklären. Eine solche Erklärung käme einer „Lebenserklärung“ gleich, ein Weiter-so-wie-bisher dagegen einer Kriegserklärung an zahllose Menschen des Globalen Südens und an die gesamte junge Generation.

Solange Robert Habeck zu einer solchen Lebenserklärung nicht bereit ist, können wir sicher sein, dass wir als Gesellschaft uns weiter in die falsche Richtung bewegen, statt einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Solange Robert Habeck zu einer solchen Lebenserklärung nicht bereit ist, ist unser Leben und der Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedroht und solange werden wir zu Methoden gewaltfreien zivilen Widerstands greifen und uns widersetzen.

Wir möchten Sie hiermit um Ihre Hilfe bitten, den fossilen Wahnsinn der Bundesregierung zu beenden. Auf der Webseite der Universität Hamburg heißt es: Die Universität Hamburg „[…] konzentriert sich auf Kernfragen der Zukunft und will auch in ihren Strukturen zu einer verantwortungsbewussten Gesellschaftsgestaltung beitragen.“

Wir möchten Sie an dieses Vorhaben erinnern – an diese Pflicht aller Universitäten, den Zentren der Wissenschaft – sich zu positionieren und den gesellschaftlichen Rahmen mitzugestalten, aus dem heraus wir die nötigen Veränderungen für die Eindämmung des Klimanotfalls herbeiführen können. Aus diesem Grund bitten wir hiermit auch Sie um eine Lebenserklärung.

Ganz konkret bitten wir Sie – richten Sie sich offiziell, als Präsident der Universität Hamburg, öffentlich an Robert Habeck und bitten Sie ihn, von jeglichem Bau und Ausbau weiterer fossiler Infrastrukturprojekte abzusehen sowie insbesondere die erneut im Raum stehenden vermehrten Nordsee-Ölbohrungen wieder vom Tisch zu nehmen, um einen ersten Schritt gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu tun. Bitten Sie ihn um eine Lebenserklärung.

Wir als Universität haben nicht nur eine Verantwortung für unser eigenes, inner-universitäres Handeln – als Universität sind wir Teil einer wichtigen und mächtigen Säule der Gesellschaft und tragen eine Verantwortung für diese. Indem Sie eine obig beschriebene Lebenserklärung abgeben, können Sie diese Verantwortung an diesem entscheidenden Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit ausfüllen.

Wir bitten Sie um eine Rückmeldung zu unserem Schreiben bis zum Ende dieser Woche. Uns ist bewusst, dass dies Ihnen nur wenige Tage Zeit lässt, zu reagieren. Diese Kurzfristigkeit bitten wir vor dem Hintergrund des existenziellen Notfalls zu entschuldigen. Nach Jahrzehnten, in denen es nicht geschafft wurde, einen nachhaltigen Kurs einzuschlagen, kommt es nun auf jeden Tag an, um unbeschreibliches menschliches Leid zu verhindern.

In unbändiger Liebe für das Leben, in friedfertiger Empörung über das Weiter-so der Bundesregierung und im Namen der Letzten Generation,

Jacob Bilal Hatem (Student der Soziologie und Erziehungswissenschaften an der Universität)

Jana Mestmäcker (Psychologin, Alumna der Universität)

Miriam Meyer (Tibetologin, Alumna der Universität)

 

Gruppenfoto auf der Bühne eines Universitäts-Hörsaals. Die Tafel wurde mit einem Banner mit der Aufschrift "Lebenserklärung" überhängt. Die Personen halten Plakate hoch.
11.05.2022 - Besetzung des Audimax der Universität Leipzig durch Studierende - Foto: Pilger

Pressekontakt
Carla Hinrichs
Telefon: +49 641 201099549
E-Mail: [email protected]

Online-Vorträge

Jeden Donnerstag auf Zoom! 18:00 bis 19:00 Uhr.

Ein Vortrag über die Klimakatastrophe, die Verleugnung der Realität und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen an diesem einzigartigen Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte.  Der erste Schritt, um aktiv zu werden!

DEINE SPENDE ZÄHLT!

Bist du überzeugt, dass sich alles ändern muss? Hast du genug von der Ignoranz und Trägheit der Regierenden? Wir sind bereit, alles zu geben. Mit deiner Spende kannst du uns unterstützen, das zu tun.