Jedes Jahr werden viele Millionen Tonnen Lebensmittel in Deutschlands Supermärkten weggeworfen, obwohl sie noch genießbar sind. Vor dem Hintergrund, dass wegen immer stärker eskalierender Klimakrisenfolgen unsere Ernährung der Zukunft nicht gesichert ist, ist das einfach nur absurd.
Am 24. Januar 2022 startete eine Gruppe entschlossener Menschen Autobahnblockaden in Berlin, um von der Bundesregierung zu fordern, dass sie das Essen im Hier und Jetzt und für die Zukunft rette. Ganz konkret – Sie forderten ein Essen-Retten-Gesetz, sodass große Supermärkte gutes Essen nicht mehr wegwerfen dürften, sondern weiterverteilen müssten. Außerdem wollten sie, dass die Vorschläge des Bürgerrats Klima zur Agrarwende umgesetzt würden, um die Ernährung der Zukunft zu sichern.
Es folgten fünf Wochen entschlossener ziviler Widerstand – 69 Blockaden von Autobahnen und schließlich Störungen an Häfen und Flughäfen. Trotz Gesprächen mit der SPD und den GRÜNEN und Aussagen aus dem Landwirtschaftsministerium, man sei „an dem Thema dran“, wurde das Gesetz nicht beschlossen, geschweige denn Ernährungssicherheit für die Zukunft geschaffen.
Stattdessen kam es zu 254 Gewahrsamnahmen friedlicher Bürger:innen. Einige verbrachten im Januar und Februar zusammengerechnet über 100 Stunden in Polizeigewahrsam für das Essen-Retten-Gesetz. Anstatt diesen einfachen, ersten Schritt zu gehen und das von GermanZero bereits ausformulierte Essen-Retten-Gesetz zu verabschieden und so ein glaubhaftes Zeichen zu setzen, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung für die Ernährungssicherheit wahrnimmt, ließ sie hinter einzelnen Unterstützer:innen von „Essen retten, Leben retten“ zum Schluss sogar die Tür der JVA ins Schloss fallen.
Der friedliche Widerstand hat den zwingend notwendigen Diskurs über die Klimakrise gestärkt, doch es wurde nicht geschafft, die todbringende Regierungshaltung zu überwinden. Die Vorschläge des Bürgerrat Klima und die dringend notwendige Umstellung der Landwirtschaft werden weiter totgeschwiegen, das Essen-Retten-Gesetz scheiterte am politischen Beharren auf den Koalitionsvertrag.
„Die Regierung versteckt sich weiter hinter Ausreden, missachtet den demokratischen Bürgerrat Klima und tut nach wie vor ihren Job nicht“, sagte Carla Rochel (20), nachdem sie mehrere Tage in der JVA Stadelheim war aufgrund ihres Protests für ein Essen-Retten-Gesetz.
Fotos: Stefan Müller
Um Aufmerksamkeit für die tonnenweise Verschwendung von Lebensmitteln zu schaffen, haben Menschen während der Kampagne „Essen retten, Leben retten“ im ganzen Land Essen aus dem Müll von Supermärkten gerettet und verschenkt. Zum Teil legte die Polizei das Essen zurück in den Müll. Insgesamt fanden 50 solcher Aktionen statt.
Einige, wie z.B. der Jesuiten-Pater Jörg Alt oder die Hamburgerin Melanie Guttmann, zeigten sich für diesen Diebstahl des Essens aus der Supermarktmülltonne selbst an, um sich für eine Veränderung der Gesetzeslage einzustetzen. Jörg Alt wird in Folge seine Selbstanzeige „schwerer Diebstahl“ vorgeworfen. Nach hoher Medienaufmerksamkeit ließ die Staatsanwaltschaft die Klage fallen. Er beantragte, dass sie wieder aufgenommen werden muss.